26019Wer darf nach der Trennung die Ehewohnung weiter nutzen?

Die eheliche Lebensgemeinschaft begründet das Recht beider Ehegatten auf Mitbenutzung und somit auf Mitbesitz an der Ehewohnung. Dieses Recht besteht unabhängig von der Eigentumslage oder etwa der Stellung als schuldrechtlich Nutzungsberechtigter, insbesondere der Rechtsstellung als Mieter der Ehewohnung. Das Recht auf Nutzung der Wohnung bei Getrenntleben der Ehegatten ändert sich infolge der Trennung grundsätzlich nicht. Das Recht auf Mitbesitz an der Ehewohnung bleibt unverändert, denn die Ehe als Grundlage der ehelichen Lebensgemeinschaft besteht bis zur Rechtskraft der Scheidung. Solange ist deshalb im Grundsatz auch das Recht auf Mitbesitz einer dem anderen gehörenden Wohnung gegeben.

Was kann ich machen, wenn mich mein Ehegatte aus der Ehewohnung ausgesperrt hat?

Soweit keine Nutzungsregeln für die Zeit des Getrenntlebens beantragt werden, können teilweise Besitzschutzansprüche oder Ansprüche wegen Besitzstörungen erforderlich werden. Im Falle verbotener Eigenmacht durch Aussperrung (z.B. durch unerlaubten Austausch der Wohnungsschlösser) besteht ein Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes an der Ehewohnung für den ausgesperrten Ehegatten. Können die Eheleute sich hinsichtlich der Nutzung der Ehewohnung nicht einigen, kann das Gericht auf Antrag eines trennungswilligen Ehegatten eine vorläufige Regelung treffen.

Leben die Ehegatten voneinander getrennt oder will einer von ihnen getrennt leben, so kann ein Ehegatte verlangen, dass ihm der andere die Ehewohnung oder einen Teil zur alleinigen Benutzung überlässt, soweit dies auch unter Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Eine unbillige Härte kann auch dann gegeben sein, wenn das Wohl von im Haushalt lebenden Kindern beeinträchtigt ist. Steht einem Ehegatten allein oder gemeinsam mit einem Dritten das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zu, auf dem sich die Ehewohnung befindet, so ist dies besonders zu berücksichtigen.

Kann ich mir durch ein Gericht die Ehewohnung alleine zuweisen lassen?

Eine gerichtliche Zuweisungsanordnung ist nur zur Vermeidung einer unbilligen Härte möglich. Im Zuge der Gewaltschutzgesetzgebung kam es zu einer Herabsetzung der Eingriffsschwelle. Demnach besteht künftig bei Gewalt aber auch schon bei Drohung mit Gewalt ein Anspruch auf Überlassung der gesamten Ehewohnung. Der Begriff der Unbilligen Härte ist auslegungsbedürftig und auch dann möglicherweise einschlägig, wenn keine Gewaltanwendung oder Kindeswohlbeeinträchtigung gegeben ist. Häusliche Gewalt ist somit nicht die einzige Erscheinungsform unbilliger Härte; sie indiziert sie jedoch. Jede Gewaltform reicht für die Bejahung der unbilligen Härte grundsätzlich aus. Bei der Bedrohung mit Gewalt ist objektive Ernsthaftigkeit nicht erforderlich; maßgeblich ist allein die subjektive Belastung für den Betroffenen. Entscheidend kommt es dabei darauf an, dass die häusliche Gemeinschaft nicht mehr zumutbar ist. Dem Antragssteller obliegt es dabei, alle Umstände, die eine unbillige Härte bedeuten können, detailliert vorzutragen und nachzuweisen. Erforderlich ist somit die Schilderung von Ort, Zeit, Umstände des Einzelfalls sowie der konkreten Folgen. Gegebenenfalls besteht eine Dokumentationspflicht für den Anspruchsteller (z.B. ärztliches Attest). Es besteht eine Vermutung, dass nach der Begehung einer Gewalttat mit weiterer Gewalt zu rechnen ist.

Eine richterliche Wohnungszuweisung kommt dann nicht mehr in Betracht, wenn mit dem Auszug eine endgültige Aufgabe der Wohnung verbunden war, weil die Wohnung damit die Eigenschaft als Ehewohnung verloren hat. Aufgrund der unwiderleglichen Vermutung der Überlassung des alleinigen Nutzungsrechts an den in der Wohnung verbliebenen Ehepartners kann ein Wohnungsüberlassungsanspruch ausgeschlossen sein. Derjenige Ehegatte, der Zwecks Trennung aus der gemeinsamen Wohnung auszieht, muss bedenken, dass dieser Schritt die Vermutungswirkung bereits auslöst, wenn er nicht binnen 6 Monaten nach Auszug zumindest eine ernsthafte Absicht der Rückkehr gegenüber dem anderen Ehegatten geäußert hat.

 

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